Mit Schuco®-Äffchen und Co. durch die Goldenen Zwanziger
Parfumäffchen mit Glasflakon; Spielwarenfabrik Schuco®, Nürnberg/ Deutschland, um 1930
Ankauf 2012
Ob nun knallige Farben, schrille Töne oder epochemachende Düfte: die wilden Zwanziger, sie waren ein Tanz auf dem Vulkan… . Nach den Schrecken des 1. Weltkrieges und seinen Entbehrungen atmeten die europäischen Großstadtmetropolen auf. In Städten wie Paris und Berlin blühte eine Subkultur auf, die in Künstlervierteln, Nachtclubs und Theatern von sich reden machte. Nach dem wilhelminischen Zeitalter kamen, frei von Prüderie und hierarchisierten gesellschaftlichen Normen, auch sexuelle Themen zur Sprache. Gerade Frauen erleichterte die Anonymität der Großstadt – autonom von traditionellen Rollenzuweisungen – neue Lebensformen zu entwickeln. Im Tausch der Geschlechter übten sie einen Beruf aus, fuhren Motorrad, rauchten in der Öffentlichkeit und legten auch modisch das feminine Sinnbild der Korsage ab. So manch konservativ Eingestelltem sollte das Schlagwort der “neuen Frau” zum Schimpfwort gereichen.
Gleich der Kunstströmung der Neuen Sachlichkeit, verstand sich die Mode schlicht und dem neuen Idealen angepasst. Ob kniekurze Kostüme, gerade geschnittene Hemdenblusenkleider oder sportliche Pullover, für jede Aktivität fand sich das annehmbare Outfit. Das Augenmerk für den Abend lag vor allem in der richtigen Wahl der unverzichtbaren Accessoires. Schockierende Wirkungen erzielten lange Halsketten, Boas, Stirnbänder und die sogenannte Bubikopffrisur. Geradezu unentbehrlich waren Handtaschen und natürlich das darin mitgeführte Parfum, dessen Bedeutung die Couturiers als Bestandteil ihrer Modeschöpfungen entdeckten.
Je ausgefallener das Design des Flakons ausfiel, desto extravaganter erschien dessen Besitzerin. Dies wusste der Nürnberger Unternehmer Heinrich Müller (*1886-†1958) für seine noch junge Spielwarenfabrik Schuco® zu nutzen. So reichte er am 07. Juli 1927 ein Patent auf Miniatur-Plüschtierchen mit beweglichen Gliedmaßen ein. Die plüschigen Gesellen, darunter auch kleine Äffchen, bezeichnete er als „Kosmetikkoffer in Form einer hohlen Spielzeugfigur mit der Möglichkeit, sie zu öffnen; in dieser Form einzigartig, vielseitig zu verwenden und praktisch handzuhaben und zu nutzen.“. Der Clou steckte jedoch im Detail. Gläserne Röhren-Flakons mit eingeschliffenem Stopfen oder Korkverschluss verwahrten edlen Duft, verborgen im Inneren der Affentierchen. Einer Dame, der das zu affig erschien, konnte sich mit der farbenfrohen Teddybärchenvariante trösten. Immerhin war diese in einer großen Auswahl modischer Farben erhältlich, die von klassischem Schwarz und Weiß, zu natürlichen Braun- und Ockertönen bis hin zu auffälligeren Rot-, Grün-, Violett- und Rosavarianten reichten.
Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 02.11. bis 30.11.2015
Künftiger Standort: Aufnahme in die Dauerausstellung – „Parfümflakons – Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert“, Sammlung Beatrice Frankl
Wissenswertes: Unser abgebildetes Parfumäffchen erhielt seinen Namen im Jahr 2014 durch ein Preisausschreiben. Der damals zehnjährige Gewinner taufte das flauschige Kerlchen „Mr. Banana“.
Empfehlenswert: Sonderausstellung „Tanz auf dem Vulkan – Das Berlin der Zwanziger Jahre im Spiegel der Künste“, Stiftung Stadtmuseum Berlin im Ephraim-Palais, 04.09.2015 – 31.01.2016 www.stadtmuseum.de/ausstellungen/tanz-auf-dem-vulkan