Oder die Macht der Liebe
Parfüm-Flakon “Scarlett” mit Umverpackung; Golgot – H. Harubešová, Prag, zwischen 1940 -1945
Schenkung 2014
Als die amerikanische Schriftstellerin Margaret Munnerlyn Mitchell (*1900-†1949) am 30. Juni 1936 ihren neuesten Roman veröffentlichte, konnte sie kaum ahnen, dass sie dafür ein Jahr später mit dem begehrten Pulitzer-Preis geehrt werden würde. „Gone with the Wind“, unter dem deutschen Titel „Vom Winde verweht“ bekannt, entwickelte sich zu einem millionenfachen Bestsellererfolg. Darin wird der Mut und das ungebrochene Durchhaltevermögen der Romanfigur „Scarlett O´Hara“ geschildert, welche mit den Auswirkungen des amerikanischen Sezessionskrieges konfrontiert ist. Mit ihrer historischen Romanheldin schuf die Autorin ein feminines Leitbild eines Zeitabschnittes, der Prägung durch Weltwirtschaftskrisen, Inflation und Massenarbeitslosigkeit fand.
In einem Augenblick, welcher durchaus auch Heldinnen nötig hatte, entwickelte Roger Goldet für den französischen Hersteller Eduard Pinaud® nicht nur seine legendäre „Mascara®-Wimperntusche 612“, sondern auch seine verheißungsvolle Parfüm-Kreation „Scarlett“. So wie Goldet an den Roman von Mitchell anknüpfte, so nahmen sich auch weitere Parfümhersteller des Erfolges an.
Der hier gezeigt Parfüm-Flakon entstammt nicht etwa der Hand von Goldet, sondern dürfte eine parallele Eigenkreation eines tschechischen Parfümeurs sein. Mag auch dieser für die Forschung noch unbekannt sein, das Objekt erzählt dennoch seine eigene, ergreifende Geschichte. Sie beginnt am 16. März 1939, mit der Annexion des Territoriums der Tschecho-Slowakischen Republik und dessen Proklamation zum Protektorat Böhmen und Mähren durch Nazideutschland. Mit dem Einzug der deutschen Besatzungsmacht wurde auch ein junger Soldat in Prag, der Hauptstadt der autonomen Verwaltungseinheit, stationiert. In Sehnsucht getrennt von seiner Verlobten, kaufte er ihr dort das Parfüm „Scarlett“ – sich durch den Duft immer wieder seiner Liebe erinnernd. Vermochte dies einerseits dem Soldaten über seine schwere Zeit hinweg zu helfen, war andererseits die Freude groß, als das Kriegsende am 08. Mai 1945 die beiden Liebenden endlich dauerhaft zusammenführte und das Parfüm zeitlebens ein Symbol ihrer Liebe blieb.
So wie ein Duft in uns Erinnerungen auslösen, Hoffnungen und Wünsche wecken kann, so sollten wir uns der Kraft bewusst sein, welche nur die Liebe verleiht, um über jedwede Unmenschlichkeit hinweg zu helfen; denn jede Zeit braucht Helden und auch Heldinnen….
Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 04.05. bis 31.05.2015
Künftiger Standort: Sammlungsdepot
Ausblick: –