Eau de Cologne, der „Feuerstein unter den Parfums“
Taschen-Flakon-Feuerzeug „Patent-Eau de Cologne-Feuerzeug“®; Voss-Industrie GmbH Metallwaren-Fabrik®, Berlin/ Weimarer Republik, nach 1927
Ankauf 2016
“Ich habe einen Duft gefunden, der mich an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert, an Bergnarzissen, Orangenblüten kurz nach dem Regen. Er erfrischt mich, stärkt meine Sinne und Phantasie.” Kein geringerer als Giovanni Maria Farina (*1685-†1766) schrieb diese poetische Parfumbeschreibung im Jahre 1708 an seinen Bruder in das ferne Erzstift und Kurfürstentum Köln. Dem im piemontesischen Santa Maria Maggiore geborenen Parfümeur aus Leidenschaft gelang mit seiner Parfumnovität ein epochemachender Wurf. Seine Kreation rechnete mit den schweren Parfums des 17. Jahrhunderts restlos ab. Gerade weil es vielen Menschen ein Mysterium blieb, wie er es geschafft hatte, den heimatlich-mediterranen Charakter der italienischen Alpenlandschaft mit ihren Zitrusgewächsen und den wechselnden Jahreszeiten einzufangen, wurde die Mixtur zunächst als Aqua mirabile (ital.; dt.: Wunderwasser) bezeichnet. Innovativ stellte sich hierbei die Lösung der ätherischen Öle in hochprozentigem Weingeist heraus, welche die Leichtigkeit des Duftes wesentlich erhöhte. Gerne folgte der eifrige Parfümeur im Jahre 1709 seinem Bruder in die Freie Reichsstadt Köln, sicherte ihm dieser doch zu: “Deine Wässerchen kannst Du auch hier mixen. Wir räumen Dir genug Platz ein.” Was so abschätzig klang bescherte den “Fratelli Farina” schon bald den gewünschten Erfolg, so dass Johann Maria Farina® – wie er sich fortan nannte – sein Parfum zu Ehren seiner neuen Wahlheimatstadt als Eau de Cologne (franz.; dt. Kölnisch Wasser) bezeichnete. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts sollte sich schließlich mangels Patentschutz und einer anwachsenden Riege von Nachahmern aus dem Eau de Cologne ein Gattungsbegriff für leichte Duftwässer entwickelt haben.
Ganz anders verlief dies für den Naturwissenschaftler Carl Auer von Welsbach (*1858-†1929), der sich seine zündende Idee im Jahre 1903 patentieren lassen konnte. Seine Experimente mit den Metallen Cerium und Eisen mündeten in einer Legierung, die sich fortan Auermetall® nannte. Dieses Material beförderte die zeitgleiche Ausbildung der aufkommenden Taschenfeuerzeuge erheblich, da es durch Reibung mit einem härteren Metall größere Mengen an heißen Funken abgibt. Das sogenannte Streich- oder Benzinfeuerzeug wies einen Metallstift mit Textildocht auf, der durch benzingetränkte Watte im Inneren des Feuerzeuges gespeist wurde. Durch Reiben des Stiftes auf einem am Feuerzeug angebrachten Auermetallblättchen, entflammte schließlich relativ problemlos der Docht.
Leidig dürfte jedoch manch feiner Frauennase der Benzingeruch aufgestoßen sein, denn das Rauchen etablierte sich für Frauen in den 1920er Jahren und avancierte zum Statussymbol für feminine Unabhängigkeit. Jedoch ließen die gewieften Konstrukteure der Berliner Metallwaren-Fabrik Voss-Industrie GmbH® die Damenwelt nicht im Stich. Kurzerhand entwickelten sie mit dem „Patent-Eau de Cologne-Feuerzeug“® eine vornehme Lösung. Über die Entzündung hinaus sorgte das hochprozentige Parfum für eine aphrodisierende Doppelung im Spiel mit dem anderen Geschlecht. Reichte die Wirkung nicht aus, konnte bequem nachgelegt werden, denn das Feuerzeug ersparte die separate Nutzung eines Parfum-Flakons, was knappen Platz in der kleinen Damenhandtasche minimierte. Nur schade, dass sich diese zündende Idee nicht auf dem Markt durchsetzen konnte und das, obwohl der “Feuerstein unter den Parfums” Weiblein wie Männlein gleichermaßen emotional entflammte. Was bleibt ist der Effekt, denn wie drückte sich der Berliner Nischen-Parfümeur Géza Schön (*1969) so treffend aus: “Alle Duftstoffe haben eine Wirkung, wie jede Farbe, jedes Licht, jedes Geräusch.” – warum also nicht auch eine zündende?!
Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.12.2016 bis 08.01.2017
Künftiger Standort: Dauerausstellung – „Parfümflakons – Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert“
Wissenswertes: Johann Maria Farina gilt als Erfinder des heute weltweit bekannten Eau de Cologne. Schon zu Lebzeiten bedrückten ihn, des Erfolges seiner Erfindung wegen, die zahllosen Nachahmer – bis hin in die eignen Familienreihen. Doch lediglich die Bezeichnung “Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz” bürgt, zusammen mit der 1924 eingeführten roten Tulpenmarke, für die Echtheit eines jeglichen Produktes aus dem Hause “Farina 1709”®. Im Jahr 2016 jährt sich der Todestag von Johann Maria Farina zum 250. Male. Er verstarb nach einem arbeitsintensiven Leben mit fast 81 Jahren, am 20.11.1766, an den Folgen einer kräfteschwindenden Bettlägerigkeit und einer rechtsseitigen Körperlähmung, bedingt durch einen Schlaganfall. Er wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.
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