Objektbeiträge

April 2015 – Von Zeremonialpracht und Ruhmessucht

Der Wein-Römer aus dem Wald

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Wein-Römer ; niederländisch oder deutsch, 1. Hälfte 18. Jahrhundert

Ankauf 2015

In unserem heutigen Sprachgebrauch nehmen wir nicht nur mit dem Wort „Glas“ Bezug auf das eigentliche Material, sondern meinen damit üblicherweise auch ein Trinkgefäß. Was heute eine Selbstverständlichkeit darstellt, war jedoch in früheren Zeiten durchaus ein Privileg gehobener Gesellschaftsschichten.

Mit der Verfeinerung der Tisch- und Tafelsitten und dem Reglement höfischer Prachtentfaltung bildete sich seit dem 15. Jahrhundert eine Vielzahl von Tafelgeräten heraus, die sich in Form und Funktion dem gewünschten Tafelzeremoniell unterordneten. Trinkbehältnisse spielten hierbei eine sekundäre Rolle, da sie nicht auf die Tafel gesetzt, sondern bei Bedarf gereicht und geleert wurden. Da diesem Geschehen gesonderte Aufmerksamkeit galt, kamen vorzugsweise edle Materialien für das zu verwendende Trinkbehältnis zum Einsatz. Gold- und Silber schienen dem gerecht zu werden, reflektierten ihre Oberflächen doch beispielhaft das einfallende Kerzenlicht der Tafel. Das Material Glas, welches seinem germanischen Ursprung glasa, „das Glänzende, Schimmernde“, gerecht wurde, folgte diesem Beispiel und entwickelte sich zu einem autonomen Luxusgut.

Dass sich Luxus als evidenter Ausdruck des gesellschaftlichen Status verstand, zeigt sich beispiellos am vorliegenden Objekt eines Wein-Römers. Dessen Namensgebung geht auf das niederländische roemen zurück, was soviel wie „rühmen“ bedeutet. Ruhmvoll erschien hierbei nicht nur der Gastgeber in seiner Befähigung, den ungleich teuren Wein zu kredenzen, sondern auch die aufwendige Gestaltung des Trinkgefäßes. Seit dem 16. und 17. Jahrhundert bildete sich im rheinisch-niederländischen Gebiet der Typus mit halbkugeliger Kuppa aus, welche auf einem spiralförmigen Fuß ruht, bestehend aus einem Glasfaden. Wie andere Trinkgläser des grünfarbenen, sogenannten Waldglases, zierten den Römer kleine aufgesetzte Glastropfen, die als Nuppen bezeichnet werden. Diese dürften nicht nur ästhetischen Belangen gedient haben, sie boten auch sicheren Halt in der Handhabung. Die Nutzung von Besteck vollzog sich nur schleppend, was häufig fettige Hände zur Folge hatte. Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. (*1638-†1715) etwa, verzichtete zeitlebens auf die Verwendung von Besteck, tolerierte jedoch dessen Verwendung in seinem Umkreis.

Ähnlich dem Besteck, erkämpfte sich auch der Römer seine Gesellschaftsfähigkeit, den aufkommenden kristallklaren Trinkgläsern des 18. und 19. Jahrhunderts zum Trotz. Noch bis Ende der habsburgischen Doppelmonarchie behielt er seinen Platz auf der Zeremonialtafel und diente dem Genuss von Rhein- und Moselweinen. Einem Beispiel, dem wir gerne folgen…

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.04. bis 03.05.2015

Künftiger Standort: Sonderausstellung „Dem Dunkel entwachsen, dem Lichte zum Spiele – Der Wald als Ursprung des thüringisch-fränkischen Glases“, vom 17.05. bis 27.09.2015

Ausblick: Integration in die neukonzipierte Dauerausstellung „Technikgeschichte“

 

März 2015 – Von kleinen und großen „Tieren“

Ein Fisch für ein edles Parfum

Taschen-Flakon in Form eines Fisches; Schmuckwarenfabrik Georg Adam Scheid, Wien, zwischen 1882-1923

Taschen-Flakon in Form eines Fisches; Schmuckwarenfabrik Georg Adam Scheid, Wien, zwischen 1882-1923

Spende 2014

Die Monate Februar und März stehen im Sternzeichen des Fisches. Menschen, die in diesem Sternzeichen geboren wurden, bewahren gerne das Geheimnis um ihre Person, gelten als sensibel und erhalten sich Träume und Illusionen.

Nicht von ungefähr sahen altorientalische und antike Kulturen im Symbol des Fisches einen Hoffnungsträger und Heilsbringer. Als prägnantes Beispiel sei der Delfin erwähnt. Nach der mythologischen Überlieferung geleitete er, als Freund der Menschen, deren Seelen in das Reich der Toten. In Adaption übertrug die frühchristliche Kunst diesen Sinngehalt auf Christus, den Seelenretter. Auch die bildende Kunst bediente sich ausgewählter Symboliken und gab ihnen schöpferischen Ausdruck. Auf dem Gebiet des Glases lassen sich bereits in römischer Zeit Beispiele für Fisch-Flakons (siehe im Sammlungsbestand des Römisch-Germanischen Museums in Köln) finden, die mittels der Glasmacherpfeife eine ausgereifte, handwerkliche Umsetzung erfuhren.

Ganz andere Denkansätze verfolgten die bildenden Künstler und Kunsthandwerker des 19. Jahrhundert mit ihren Tierdarstellungen. Die Tierwelt erfuhr spätestens durch die 1859 publizierte Schrift „On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life“ des Evolutionsforschers Charles Darwin (*1809-†1882) eine gesellschaftsfähige Vermenschlichung. Nicht zuletzt avancierte die Tierdarstellung zu einem Ausdrucksmittel eines aufgeklärten und gebildeten Zeitgeistes, dessen sich nicht nur die Avantgarde, sondern schließlich auch der Kunstinteressierte selbst bediente.

So verwundert es nicht, dass persönliche Gebrauchsgegenstände, wie der Spazierstock oder der Taschen-Flakon des Herren, so manches Getier zierte. Ein schönes Beispiel zeigt sich im vorliegenden Fisch-Flakon. Sein Zierverschluss in Form eines Fischkopfes besteht aus innwendig vergoldetem Silber. Die eingeschlagenen Silbermarken lassen das Stück lokalisieren und der Schmuckwarenfabrik Georg Adam Scheid, abgekürzt G.A.S., zuordnen.

Dieses von dem Kaufmann Georg Adam Scheid (*1838-†1921) 1882 gegründete Unternehmen produzierte bis 1923 in der Gumpendorfer Straße 85 in Wien und umfasste ein reichhaltiges Produktprogramm, u.a. aus Zigarettenetuis, Puderdosen, Toilettengarnituren und Flakons.

Der Körper des Fisches ist stromlinienförmig aus Glas geblasen und wurde ursprünglich mit einem eingeschliffenen Stopfen verschlossen, der sich nicht erhalten hat. Wer das gläserne Halbfertigprodukt für die Schmuckwarenfabrik fertigte bleibt fraglich. Doch liegen die Verbindungen nach Böhmen nahe, welche auch das Wiener Handelshaus für Glaswaren J. & L. Lobmeyr® zu nutzen wusste.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 09.03. bis 31.03.2015

Künftiger Standort: Dauerausstellung – Sammlung Beatrice Frankl

Ausblick:

 

Februar 2015 – Von Herzen, mit Schmerzen

Valentinstag, der Tag der Liebenden

Parfüm-Flakon "Samouraï Woman Love"®, EdT; Parfums Alain Delon SA®, Cham, nach 2004

Parfüm-Flakon “Samouraï Woman Love”®, EdT; Parfums Alain Delon SA®, Cham, nach 2004

Schenkung 2015

Festgelegte Traditionen und Werte sind prägende Bestandteile unserer abendländischen Kultur. Es ist kaum verwunderlich, dass über hunderte von Generationen hinweg die Ursprünge des einen oder anderen Brauches in Vergessenheit gerieten. Der Valentinstag sei eine Erfindung der Blumenhändler, heißt es oftmals. Aber ist dies wirklich so?

Bereits das antike Rom huldigte in besonderer Weise seiner Hauptgöttin Juno. Als Schützerin von Haus, Ehe und Geburt, gedachte man der Gemahlin des Jupiters stets am 14. Februar. Üblicherweise bekamen Frauen an diesem Tag Blumen verehrt.

Eine Brücke zwischen heidnischem Brauchtum und christlicher Lebensweise schlug der Geistliche Valentin von Rom (*?-†269). Der Legende nach soll er gegen das ausdrückliche Verbot Kaiser Claudius II. (*214-†270) Liebespaare nach christlichem Ritus vermählt haben. Die von ihm geschlossenen Verbindungen sollen besonders segensreich gewesen sein, was er durch Blumen aus seinem Garten bekräftigte, die er den frisch Vermählten mit auf dem Weg gab. Am 14. Februar des Jahres 269 soll er aufgrund seines Zuwiderhandelns auf kaiserlichen Befehl enthauptet worden sein. Damit starb Valentin von Rom den Märtyrertod, weil er zu viel Herz für verliebte Seelen zeigte.

Das Herz, welches in der Volksfrömmigkeit auch als Sitz der Seele angesehen wird, verkörperte schon frühzeitig das Denken, Fühlen und Wollen des Menschen und galt somit stellvertretend auch für gegenseitige Zuneigung. Formal trat das Symbol bereits 3000 v. Chr. in der Stilisierung eines Feigenblattes auf. In der griechisch-römischen Antike und der frühchristlichen Kultur löste das Feigenblatt ein Efeublatt ab, das aufgrund der Langlebigkeit dieser Pflanze ewige Liebe versprach.

Der Glasflakon des Parfums “Samouraï Woman Love®“, das im Jahr 2004 auf den Parfum-Markt gelangte, greift unverkennbar das Liebessymbol des Herzens auf. Dessen Rückseite zeigt eine Vielzahl gekanteter Flächen, als sollten sich darin die Facetten der Liebe widerspiegeln. Schmückend bildet eine akkurat gebundene Kunststoffschleife den Zierverschluss – eine Reminiszenz an den Brauch, sein Herz zu verschenken?! Im Inneren birgt das empfindlich gläserne Herz ein fruchtig frisches Potpourri, unter anderem aus einer Komposition von Mandarine, Orange, Mango und Pflaume. In der Kopf und Herznote ist der Apfel gleich zweimal vertreten. Er ist in der bildenden Kunst auch jene Frucht, die Eva Adam vom Baum der Erkenntnis pflückte. Aber dies ist eine andere Geschichte…

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 07.01. bis 01.02.2015

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick: