Objektbeiträge

Juli 2015 – Von Askese und Opulenz

Amouage®, der Glücksquell des Königreichs Oman

Parfüm-Flakon "Lyric"® mit Umverpackung, EdP; Amouage®, Maskat/ Oman, nach 2008

Parfüm-Flakon “Lyric”® mit Umverpackung, EdP; Amouage®, Maskat/ Oman, nach 2008

Dauerleihgabe der Heinz-Glas GmbH & Co. KGaA/ Kleintettau 2012

Wer kennt sie nicht, die morgenländischen Erzählungen aus „Tausendundeiner Nacht“… vom siegreichen Kalifen Harun ar-Rashid (*um 763-†809) und der klugen Prinzessin Scheherazade, von märchenhaften Schätzen und orientalischen Wohlgerüchen. Tatsächlich kann die Arabische Welt als Mutterland wohlriechender Essenzen und Gewürze angesehen werden. Ein Spiegel dessen ist nicht zuletzt der Koran selbst. So beschreibt er etwa die Barmherzigen, die nach dem Tode den Siebenten Himmel erreichen, der sie als „Ort der letzten Verklärung“ auf einem Boden aus Moschus, Weizen und Safran wandeln lässt. Gottesfürchtigkeit und die Ehrung des Korans sind wesentliche Voraussetzungen für den Einzug in das himmlische Paradies. Beides ist eng verbunden mit der Einhaltung des Fastenmonats Ramadan, der durch Enthaltsamkeit und Disziplin die innere Einkehr stärken, die Seele erfrischen und den Körper beleben bzw. erneuern soll.

Eine Belebung und Erneuerung wünschte sich auch Sultan Qaboos bin Said (*1940) für die Wohlgerüche Arabiens. Nicht nur sein Königreich Oman wollte er damit beglückt wissen, sondern im Sinne der Völkerverständigung den gesamten Erdball. Dementsprechend internationalisiert ist auch der Name des Labels Amouage®. Symbolisch setzt sich der Name aus dem französischen Wort der Liebe amour und dem arabischen Ausdruck amwaj, was soviel wie Welle bedeutet, zusammen.

Eine „Welle der Emotionen“ ergriff wohl auch den französischen Parfümeur Daniel Maurel (*?). Die unvergessene Star-Sopranistin Maria Callas (*1932-†1977) soll ihn für die Schaffung seines Damen-Parfüms „Lyric“ ® durch ihr unvergleichliches Spektrum von Unschuld bis hin zu ausdrucksstarker Dramatik inspiriert haben. Demzufolge „erzählt“ denn auch die Komposition von gegensätzlicher Gewagtheit, so etwa im Spiel von Rose und Angelika in der Herznote. Traditionell ist hingegen die Basisnote mit Moschus und Weihrauch, der in der omanischen Provinz Dhofar gewonnen, zur edelsten Sorte weltweit zählen darf.

Der Flakon ist für jede weibliche Parfümkreation gleich und erinnert an die ausgewogene Gestaltung der Sultan-Quaboos-Moschee, mit ihrer netzartigen, 50 Meter hohen Kuppel. Metallapplikationen runden den Gesamteindruck ab und verweisen auf eine weitere Handwerkstradition – die der Gold- und Silberschmiedekunst. So individuell die Luxusausführungen für Staatsgäste des Omans in Gold, Silber und Edelsteinbesatz auch ausfallen, jedes Parfüm wird liebevoll von Hand verpackt – reisefertig mit einem beigelegten, handgeschriebenen Gruß aus der Heimat des „wertvollsten Parfums der Welt“.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.07. bis 05.08.2015

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick:

 

Juni 2015 – Von ruhmlosen Schlachten und empfindlich imperialer Nase

Kaiser Napoléon und sein Hygienebedürfnis

Neuauflage eines historischen Rosoli-Flakons "Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz"; Johann Maria Farina, Köln, um 1990

Neuauflage eines historischen Rosoli-Flakons “Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz”®; Johann Maria Farina®, Köln, um 1990

Dauerleihgabe des Duftmuseums im Farina-Haus/ Köln 2015

Napoléon Bonaparte (*1769-†1821) war als französischer General, revolutionärer Erster Konsul und Kaiser der Franzosen nicht nur ein Visionär, sondern auch ein begnadeter Feldherr, wie es ihn nach Alexander den Großen (*356-†323 v. Chr.) vermutlich nicht mehr gegeben hatte. Von insgesamt 79 zeugen 66 siegreiche Schlachten von seinem militärischen Talent, das ganz Europa prägen und verändern sollte. Gleich einem delphischen Orakelurteil endete die letzte Schlacht des gebürtigen Korsen in seiner Abdankung als Kaiser der Franzosen. Mit der Schlacht von Waterloo – die sich am 18. Juni zum 200. Male jährt – verloren 15.000 Menschen ihr Leben und Napoleón Bonaparte die französische Krone, von welcher er sinnbildlich behauptet hatte, er habe sie lediglich aus dem Dreck der Gosse gehoben.

Von Widersprüchlichkeiten war auch das Privatleben Napoléons geprägt. Bei aller imperialen Prachtentfaltung scheint er in mancherlei Hinsicht sparsam gewesen zu sein. Eine Rechnung, welche inhaltlich auf die verschwenderische Neugestaltung des Badezimmers seines Adoptivsohnes im Hôtel de Beauharnais Bezug nahm, ließ ihn zu einem seiner legendären Wutausbrüche hinreißen. Dabei stand nicht nur gesellschaftlich Hygiene hoch in Kurs. Napoléon selbst soll ein geradezu zwanghaftes Hygiene- und Wohlgeruchsbedürfnis entwickelt haben.

Zu seinem Lieblingsparfüm erkor er ein citrusfrisches Duftwasser, welches der italienische Parfümeur Giovanni Maria Farina (*1685-†1766) im Jahre 1709 kreiert hatte und zu Ehren seiner neuen Heimatstadt Köln „Eau de Cologne“ nannte. Sparsam ging der Kaiser mit seinem Parfüm allerdings nicht um, soll er doch angeblich eine Flasche täglich von dem kostbaren Wunderwasser verbraucht haben. Vielleicht fühlte sich aber auch einfach nur seine empfindliche Nase durch die Vorliebe seiner Gattin Joséphine de Beauharnais (*1685-†1766) für schwere Moschusdüfte gestört. Als der Kaiser sie im Jahre 1809 verließ, soll sie ihr Boudoir im Schloss Malmaison derart mit Moschus getränkt haben, dass der Ex-Gemahl noch Jahre später dem verhassten Geruch ausgesetzt blieb.

Faktisch belegt bleibt indessen, dass das „Eau de Cologne“ in waldglasgrünen Rosoli-Flakons abgefüllt wurde, deren Namensgebung eine Anspielung auf den italienischen Alchemisten Timotheo Rossello (*?-†?) sein könnte, der am Ende des 16. Jahrhunderts die „Aqua mirabilis“, also die heilenden und belebenden Wunderwasser, zu welchen auch Farinas „Eau de Cologne“ zählte, näher beschrieb.

Hilfreich erschien in jedem Falle so manchem französischen Offizier, der es seinem Kaiser gleich tun wollte, die zylindrische Form der Rosoli-Flakons. Praktischer Weise ließen diese sich auch während des Schlachtengetümmels sicher im Stiefelschaft aufbewahren. Zumindest ersparte dies dem einen oder anderen Kavalier aus hygienischer Sicht sein persönliches Waterloo.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.06. bis 30.06.2015

Künftiger Standort:

Ausblick: Integration in die Dauerausstellung – Duftraum

 

Mai 2015 – Vom Winde verweht

Oder die Macht der Liebe

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Parfüm-Flakon “Scarlett” mit Umverpackung; Golgot – H. Harubešová, Prag, zwischen 1940 -1945

Schenkung 2014

Als die amerikanische Schriftstellerin Margaret Munnerlyn Mitchell (*1900-†1949) am 30. Juni 1936 ihren neuesten Roman veröffentlichte, konnte sie kaum ahnen, dass sie dafür ein Jahr später mit dem begehrten Pulitzer-Preis geehrt werden würde. „Gone with the Wind“, unter dem deutschen Titel „Vom Winde verweht“ bekannt, entwickelte sich zu einem millionenfachen Bestsellererfolg. Darin wird der Mut und das ungebrochene Durchhaltevermögen der Romanfigur „Scarlett O´Hara“ geschildert, welche mit den Auswirkungen des amerikanischen Sezessionskrieges konfrontiert ist. Mit ihrer historischen Romanheldin schuf die Autorin ein feminines Leitbild eines Zeitabschnittes, der Prägung durch Weltwirtschaftskrisen, Inflation und Massenarbeitslosigkeit fand.

In einem Augenblick, welcher durchaus auch Heldinnen nötig hatte, entwickelte Roger Goldet für den französischen Hersteller Eduard Pinaud® nicht nur seine legendäre „Mascara®-Wimperntusche 612“, sondern auch seine verheißungsvolle Parfüm-Kreation „Scarlett“. So wie Goldet an den Roman von Mitchell anknüpfte, so nahmen sich auch weitere Parfümhersteller des Erfolges an.

Der hier gezeigt Parfüm-Flakon entstammt nicht etwa der Hand von Goldet, sondern dürfte eine parallele Eigenkreation eines tschechischen Parfümeurs sein. Mag auch dieser für die Forschung noch unbekannt sein, das Objekt erzählt dennoch seine eigene, ergreifende Geschichte. Sie beginnt am 16. März 1939, mit der Annexion des Territoriums der Tschecho-Slowakischen Republik und dessen Proklamation zum Protektorat Böhmen und Mähren durch Nazideutschland. Mit dem Einzug der deutschen Besatzungsmacht wurde auch ein junger Soldat in Prag, der Hauptstadt der autonomen Verwaltungseinheit, stationiert. In Sehnsucht getrennt von seiner Verlobten, kaufte er ihr dort das Parfüm „Scarlett“ – sich durch den Duft immer wieder seiner Liebe erinnernd. Vermochte dies einerseits dem Soldaten über seine schwere Zeit hinweg zu helfen, war andererseits die Freude groß, als das Kriegsende am 08. Mai 1945 die beiden Liebenden endlich dauerhaft zusammenführte und das Parfüm zeitlebens ein Symbol ihrer Liebe blieb.

So wie ein Duft in uns Erinnerungen auslösen, Hoffnungen und Wünsche wecken kann, so sollten wir uns der Kraft bewusst sein, welche nur die Liebe verleiht, um über jedwede Unmenschlichkeit hinweg zu helfen; denn jede Zeit braucht Helden und auch Heldinnen….

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 04.05. bis 31.05.2015

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick: