Archiv des Autors: bloeffler

Neukonzipierung der Sammlung Beatrice Frankl

„Alle Jahre wieder, kommt das Christuskind… “

…heißt es in dem traditionellen Weihnachtslied des Komponisten Philipp Friedrich Silcher (*1789-†1860). Traditionell und weihnachtlich wird es dann auch für das Europäische Flakonglasmuseum, denn wie jedes Jahr besucht ein paar Wochen vor Weihnachten die Münchener Sammlerin Beatrice Frankl das Museum. Ihr Reisegepäck umfasst keine große Toilette, aber eine Menge kostbarer Gaben rund um den Parfümflakon.

Erfreulich ist aber nicht nur der Sammlungszuwachs, sondern auch die Neukonzipierung der ständigen Ausstellung „Parfümflakons – Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert“, die 2.270 Dauerleihgaben aus der einzigartigen Sammlung von Frau Frankl umfasst, wovon etwa die Hälfte für den Museumsbesucher immer zu sehen ist. In diesem Jahr stand die Neubestückung der Vitrinen im Zeichen des deutschen Parfümflakons, wie etwa dem Duftklassiker „TOSCA“ aus dem Hause Ferdinand Mülhens® in Köln. Vor dem Zweiten Weltkrieg war Berlin für die Parfümwelt ebenso wichtig wie Paris. „Deutsche Firmen wie Mülhens®, Schwarzlose & Sohn® oder Wolff & Sohn® haben edle Flakons in aufwendig gestalteten Verpackungen auf den Markt gebracht“, weiß die Sammlerin zu berichten.

Die Neukonzipierung nahm der Bayerische Rundfunk zum Anlass, ein Porträt von Beatrice Frankl zu drehen und auf diese Weise ein Stück der Faszination des Parfümflakons in heimische Wohnzimmer zu tragen.

Die neukonzipierte Dauerausstellung ist in diesem Umfang ab November 2014, bis zum nächsten Besuch von Frau Frankl in einem Jahr zu bewundern.

Beatrice Frankl über die Schulter geschaut  In jeder Beziehung aufregend – Beatrice Frankl während der Neubestückung einer Vitrine in der Klassiker-Galerie des Europäischen Flakonglasmuseums, unter den neugierigen Blicken des Bayerischen Rundfunks.

November 2014 – Vom göttlichen zum irdischen Glück

„Florientals“, der Dufttrend der 1980er Jahre

OLYMPUS DIGITAL CAMERA“AMUN”, Parfum; 4711 Ferdinand Mülhens®, Köln, 1980er Jahre

Sammlung Beatrice Frankl 2012

Der ägyptische Pharao Tutanchamun (reg. 1332-†1323 v. Chr.) ist wohl seit der Entdeckung seines Grabes im Tal der Könige, im Jahre 1922, der Prominenteste aller Pharaonen, nicht zuletzt durch seine perfekt erhaltene Totenmaske aus Gold, verziert durch eingelegte Halbedelsteine und Glaspasten. Den altägyptischen Wind- und Fruchtbarkeitsgott Amun ehrte der junge Pharao durch die Wahl seines Eigennamens. Trotz dessen, ein glückliches und langes Leben war ihm nicht beschieden. Den Göttern nahe oder gar gleichgestellt zu sein, war nicht nur selbsterklärtes Ziel der Pharaonen, sondern auch des gesamten ägyptischen Volkes. Wie viele andere Kulturen der Vor- und Frühgeschichte, glaubten sie durch den entstandenen Rauch verbrennender Duftessenzen daran, mit ihren Göttern kommunizieren zu können. Denn “Rauch öffnet den Mund der Götter”, wie es in einer altbabylonischen Inschrift überliefert heißt. Infolgedessen ist es nicht verwunderlich, dass das Wort Parfüm vom lateinischen „per fumum“ abstammt, was „durch den Rauch” bedeutet. Nicht nur den Göttern zum Wohlgefallen, versetzten die wohlriechenden Duftstoffe die Beteiligten in eine eigene spirituelle Welt des paradiesischen Glücks.

Geradezu unruhig erscheinen dagegen die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, die eine Trendwende auf politischer, gesellschaftlicher und kultureller Ebene bedeuteten. Mit Fleiß und Disziplin drängte eine junge, karriereorientierte Generation in die Ebenen der Wirtschaft und schrieb als “Yuppies” Geschichte. Erfolg im Job blieb nicht länger alleine den Männern vorbehalten. Frauen in strengem Kostüm mit Aktentasche avancierten zum Leitbild des Jahrzehnts. Ihren Ehrgeiz unterstrichen sie durch feminine Parfums, den sogenannten “Florientels”. Diese intensiv blumigen Düfte mit orientalischem Akzent waren kaum zu ignorieren. Das Parfüm “Amun” aus dem Hause 4711 Ferdinand Mülhens® entspricht mit seiner Markteinführung 1981 dem Zeitgeist des Jahrzehnts. Eine anspruchsvolle und edle Verpackung unterstreicht die wechselseitige Duftkomposition aus Orange, über Jasmin und Rose, zu Zimt, Sandelholz und Vanille u.a.. Erst die 1990er Jahre werden in ihrer “neuen Schlichtheit” das zur Schau gestellte Glücksgefühl von Luxus der vorherigen Dekade ablösen.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 03.11. bis 30.11.2014

Künftiger Standort: Dauerausstellung – Sammlung Beatrice Frankl

Ausblick:

 

Oktober 2014 – Von Lederhandschuhen und Grenzgängen

Die Erfolgsgeschichte des Duftes „Russisch Leder“

"Russisch Leder", Taxor Berlin, 1970er Jahre“RUSSISCH LEDER”, After Shave; Taxor Cosemtic®, Berlin, 1970er Jahre Dauerleihgabe 2013

Sensibilität und Eleganz drückt sich in dem Sprichwort aus „Jemanden mit Glacéhandschuhen anzufassen“. Solche und ähnliche Handschuhe aus Leder galten in vergangener Zeit als Statussymbol und dem Schutz zarter Hände. So zählte bespielsweise das Nachlassinventar der französischen Königin Anna von Österreich (*1601-†1666), Mutter des Sonnenkönigs Ludwig XIV. (*1638-†1715), nicht weniger als 340 Exemplare. Zum Überdecken der im Herstellungsprozess verwendeten, meist übelriechenden Gerbgerüche, wurde das Ledermaterial gerne parfümiert. In Russland diente das ätherische Öl der Birkenrinde als Gerbstoff, nach dem auch das original Russisch Leder „Cuir de Russie“ duftet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verstand sich der „Eiserne Vorhang“ als Grenze zwischen Ost- und Weststaaten ebenfalls als ein Schutz im politischen Konflikt. Dennoch war ein verständiges Miteinander nicht auszuschließen, was sich vor allem im Bereich des Handels niederschlug. Inzwischen ist bekannt, dass Waren aus den sogenannten Ostblockstaaten unter anderem in Kauf- und Versandhäusern Westdeutschlands angeboten wurden. Eine Reise anderer Art nahm das hier abgebildete After Shave „Russisch Leder“ von der Firma Taxor Cosmetic®, das in den 1970er Jahren West-Berlin in Richtung Sowjetunion verließ. Ein Beleg dafür, dass ein Parfumduft wie Russisch Leder, welcher 1924 mit dem Damenduft „Cuir de Russie“ von Chanel® seinen Anfang nahm, keine Grenzen kennt.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.10. bis 02.11.2014

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick: Vorgesehen für die Sonderausstellung im Oktober 2015