Die Kunstglasbläserei Jostra® des Joseph Traut
Taschen-Flakons in Form von Schirmen; Joseph Traut – Jostra®, Neuhaus am Rennweg/ Deutschland, zwischen 1927-1935
Ankauf 2012
„April, April – der macht, was er will“, besagt eine alte Bauernweisheit. Wie kaum ein anderer Monat hängt dem April der Jahreszeitenwechsel mit seinen schnellen Witterungsumschwüngen nach. Aus diesem Grunde wurde er in früherer Zeit auch Wandelmonat oder Launing bezeichnet. Launisch zeigt sich dann auch meist der Zeitgenosse, der mit morgendlichem Blick aus dem Fenster prüft, welche Kleidung denn angemessen erschiene. Zwar könnte die Tageslosung auch „Schirm oder nicht Schirm“ heißen, aber meist erweist sich dieser auch ohne Charme und Melone als unverzichtbares Accessoire in diesen Tagen.
Jedoch war von alters her der Schirm nicht zwingend mit negativem Wetter verbunden. Längst sind sie aus der Mode geraten, die handlichen Sonnenschirme… Lange Zeit dienten sie vornehmen Damen als Schutz vor Sonnenstrahlung, galt doch ihr blasser Teint als Standes- und Abgrenzungssymbol gegenüber der hart arbeitenden Bevölkerung. Wenngleich die Ursprünge des Sonnenschirmes bereits im Altertum zu suchen sind, so setzte er sich in der gängigen Form und Größe erst im Laufe des 17. Jahrhunderts durch. So variierte er in Gestalt und Farbe, wechselte die Anzahl der Speichen und die Länge des Stiels, bis er zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem neuen Frauenbild aus der Mode geriet. Der Regenschirm hingegen trotzte allen Modeströmungen, als ein „…Schutzdach, damit es von deinem verehrungswürdigen Haupte den Regen abhalte.“, so einst die Beschreibung des wichtigsten Beraters Kaiser Karls des Großen (*747 o. 748-†814), Abt Alcuin von Tours (*735-†804).
Eine Prävention anderer Art bildeten die gläsernen Parfüm- und Eukalyptusölflakons des thüringischen Glasbläsers Joseph Traut (*1905-†1988). Skurril muten die figürlichen Gefäßformen an, die von kleinen Insekten, verschmitzten Teufelchen bis hin zu dekorativen (Regen)schirmchen reichten. Die hier gezeigten Exemplare fertigte der Glasbläser Otto Hähnlein (*1903-†1991) in Heimarbeit für die 1927 von Joseph Traut gegründete Kunstglasbläserei Jostra® in Neuhaus am Rennweg. Wurde das vor der Lampe verarbeitete Glas von der unweit gelegenen Glashütte Brehmenstall in Ernstthal zugekauft, destillierte die Ehefrau von Joseph Traut eigenhändig die zur Abfüllung dienenden Parfums. Angenehme Gerüche von Narzisse, Jasmin und Flieder drangen wohl häufig aus der heimischen Küche, die hauseignen Rezepturen verließen die Räumlichkeit dagegen nie. Mögen die blumigen Düfte seinerzeit schon leicht aus der Mode geraten sein, so sorgten die kunsthandwerkliche Ausführung und die wohlklingenden Namen von Narcissus, Jasmin und Lilas auf den goldfarbenen Papieretiketten für den nötigen Absatz. Ob nun als Kurgast aus dem nahegelegenen Luftkurort Lauscha oder der Käuferin in den USA, mit so einem Taschen-Flakon aus Thüringen ließ Frau sich farbenfroh und heiter durch den April geleiten…
Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 04.04. bis 31.05.2016
Künftiger Standort: Sammlungsdepot