Der Mops-Hund als Objekt der Begierde
Taschen-Flakon in Form eines Mops-Hundes und Einleger zum Osterfest; Parfümerie-Orchidea®, Dresden/ Deutschland, um 1939
Sammlung Beatrice Frankl 2012/ Schenkung 2015
Was des Kaisers Begehrlichkeit, erweckte sowohl in als auch „am anderen Ende von Europa“ – wie der deutsche Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (*1646-†1716) das Chinesische Kaiserreich zu betiteln pflegte – die ungeteilte Aufmerksamkeit. Diese beanspruchte auch ein kleines Tier, dessen Rang jenem der kaiserlichen Gemahlinnen gleich kam. Wollte sich der Kaiser der Gunst eines anderen Würdenträgers versichern, so verschenkte er gerne einen „Kaiserhund“. Ähnlich dem Porzellan oder Tee, gelangte das Hündchen zunächst über die Handelsbeziehungen der Vereenigde Oostindische Compagnie in die damaligen Niederlande. Aufgrund seiner charakteristischen, schnaufenden Laute kam dort der „Mopperer“ zu seinen europäischen Namen.
Für die aristokratische Damenwelt des Rokoko avancierte der Mops – wie er bald im übrigen Europa genannt wurde – zum unverzichtbaren Wegbegleiter durch das heitere Spiel des unbeschwerten Daseins. Beseelt vom aufgeklärten Gedankengut, stand das possierliche Tierchen bei den Freimaurern in eigentümlichen Ehren. So sah der Aufnahmeritus des sogenannten Mops-Ordens für männliche wie weibliche Novizen eine Mutprobe von delikater Art vor. Diese bestand in einer Persiflage auf den Teufel, in welcher anstatt seines das Hinterteil eines Mopses geküsst werden sollte. Selbstverständlich achtete man peinlichst darauf, das edle Gemüt der aristokratischen Damen zu schonen, weshalb dieser Mops üblicherweise aus feinstem Porzellan bestand.
Das hier abgebildete Exemplar ist jedoch keineswegs aus Porzellan. Als ab 1918 die Züchtung und Verbreitung des Mopshundes eine erneute Blüte erfuhr, fand er fortan auch seinen Platz in der Damenhandtasche. Aufschluss über die Vielfalt von solchen figürlichen Taschen-Flakons aus Glas eröffnet ein Einleger zum Osterfest der “Parfümerie Orchidea”® in Dresden. Hermann Schöbel (*18??-†19??), der parallel auch Firmeninhaber der in der Großen Meissener Straße ansässigen Parfümfabrik “Contezza” war, hatte mehr als Grund zur Freude. Seine “Parfümerie Orchidea”® feierte 1939 ihr 50jähriges Bestehen, weshalb ein Jubiläumskatalog erschien, in dem zahlreiche Produkte von Kopfwässern über Seifen bis hin zu edlen Parfums glänzten. Vermutlich war der hier gezeigte Oster-Einleger Bestandteil dieses Kataloges. Egal ob Osterhase, Elefant, Katze oder Mops… alle diese verführerischen Kleinigkeiten im halbautomatisch gefertigten und handbemalten Flakon kosteten den Verbraucher lediglich 0,35 Reichsmark. Dem deutschen Humoristen Vicco von Bülow (*1923-†2011), alias Loriot, wäre seinerzeit die Qual der Wahl mehr als leicht gefallen, behauptete er doch “Ein Leben ohne Mops ist vorstellbar – aber sinnlos!”.
Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 07.03. bis 03.04.2016
Künftiger Standort: Dauerausstellung – Parfümflakons – Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert
Wissenswertes: In der Dauerausstellung “Parfümflakons – Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert” befinden sich noch viele weitere figürliche Taschen-Flakons aus der Zeit der 1920er bis 1950er Jahre, die neben Tieren und Menschen auch Fantasiegestalten, wie Mickey Mouse® und Donald Duck® zeigen.